Eigener Bericht

Eigener Bericht

Die Heads:

Bernd Filser ist ein echter BMX-Rider aus Augsburg, hat zwar mittlerweile seine Dreads verloren – bleibt aber immer ein echter Underdog, der BMX lebt … sein Lieblings-Terrain: Trails, und das seit 20 Jahren!
Ben Ali, vor zwei Jahren nach Augsburg gezogen, fährt auch schon seit 20 Jahren, allerdings Skateboard. 15 Jahre
ausschließlich Street, die ersten 6 Jahre „echtes“ Streetskaten ohne Rampen, seit dem Beton-Boom endlich auch Bowl und Vert.

Wie alles anfing:

Wir hatten Anfang der Jahrtausendwende immer wieder mal ne Session in der Spine-Miniramp Gersthofen u. Stadtbergen oder der alten F16-Halle in Augsburg (R.I.P.) mit anschließendem Live-Metal-Massaker in der Rockfabrik. Nach all den Jahren haben wir uns wieder getroffen und festgestellt dass in Augsburg die Szene außer den Old Dogs ziemlich am Arsch ist. Also haben wir einen Contest an der einzigen großen Streetfläche und Outdoor-Bowl in Augsburg veranstaltet – und Bääähmm, es waren mehr als 300 Leute am Start, davon fast 150 BMXer und Skater.
Da geht was – alle vereinen und uns endlich holen was uns zusteht! Jahrzehntelang hat die Stadt nur Versprechungen abgelassen und alles versanden lassen – BMXer und Skateboarder zusammen können alles schaffen. Um eine Basis zu schaffen und Ansprüche zu stellen haben wir kurzerhand einen Verein gegründet. Das Ur-Deutsche Element das jeglichen Spaß und Chaos im Keim erstickt – ne harte Nummer für Freigeister wie uns. Egal, wir sind erfahren genug um den schmalen Grat zu gehen. Das haben wir uns zumindest so vorgestellt – von Null auf hundert, also in weniger als einem Jahr nen Verein mit fast hundert Mitgliedern aufzustellen, 4 Beteiligungen an Festivals mit BMX- und Skateobardshow auf selbstgebauten Rampen, 2 eigene BMX-Dirt-Contests an den Trails Deuringen und im Ziegelstadel (R.I.P.) und noch ne Handvoll anderer Aktionen … und unterm Strich kein Geld dafür, gerade mal soviel um die nächste Aktion zu starten. Unser Ziel – endlich eine Halle in Augsburg!
Da haben sich einige gefragt, ob wir verrückt sind – Ja, stimmt! Beide sind Hardcore und werden wohl bis zum Rollstuhl oder Sarg weiterfahren, Ride or Die!

Von der Idee zur Umsetzung :

Erstmal allen zeigen dass wir da sind. Also ab Rakete und Aktionen gestartet, nach der Vereinsgründung durch die Stadt wandern und Geld eintreiben, mit mobilen Kickern und der Meute Spontanzirkus gemacht und die Skateboard- und BMX-Steuer direkt beim Bürger holen, in intensiven Gesprächen klar machen was in dieser Stadt verkehrt läuft.
Unterstützt die Jugendlichen und Extremsport-Freaks. Den größten Support haben wir natürlich im Scherbenviertel erhalten. Zeitgleich Immobilien angeschaut, verglichen, verhandelt und fündig geworden. Die ehemalige Ballonfabrik Augsburg, eine geschichtsträchtige Lagerhalle am Rande des sozialen Brennpunkts in Augsburg. Optimal – wir brennen auch! Mit dem Vermieter haben wir den Deal abgeschlossen, solange keine Miete zu zahlen bis wir mit dem Gröbsten durch sind. Dafür haben wir das bestehende Hochregal-Lager demontiert.
Der alte Scheiß muss raus – und Neues geschafft werden – mehr als ein halbes Jahr haben wir Stahl auseinander geschnitten, Container um Container entsorgt und gleichzeitig Rampen gebaut um in der Öffentlichkeit als Rollendes Einsatzkommando aufzutreten, bei den Sesselfurzern gern „Aktion im öffentlichen Raum“ genannt, Beteiligung am Modular-Festival Augsburg mit ner fetten Funbox-Line oder beim „Pieces of a Puzzle – Jam“ – Selbermachen ist unser Motto.
Dazwischen haben wir an einem Faktor gearbeitet, der uns fast das Genick gebrochen hätte – um eine Lagerhalle in eine „Sportstätte“ umzubauen, muss man nicht nur eine Nutzungsänderung beim Bauamt vorlegen sondern auch zwingend den Brandschutz einhalten. Zusammen mit nem befreundeten Architekt haben wir Pläne gezeichnet und mit allen Ämtern abgesprochen, zeitgleich den Streetpark für die Halle gebaut, von Kumpels ne Halfpipe geholt und in der Halle aufgebaut, von Tretlager e. V. den Bowl bekommen und den Fängen der Spinnwegen entzogen.
Dann kam der Hammer – der Oberinspektor der Feuerwehr hat uns trotz Absprachen mit uns, zwei Architekten und einem Brandschutzbeauftragten am Tag der Abnahme voll ins Messer laufen lassen. Fazit – zusätzlich zur Brandschutzanlage (10.000,- €) sollten wir am Foampit einen Entrauchungskanal mit Brandschürze (Fieberglasvorhänge), drei zusätzliche Dachluken und eine manuell sowie automatisch auflösbare Notsprengung derselben schaffen um eine Genehmigung zu erhalten. Mehrkosten um die 20.000,- €. Hätte der Vermieter unser Potential nicht erkannt und einen Teil der Kosten getragen wären wir ganz einfach wieder verschwunden.
Scheiß drauf – wie schon gesagt, Augen zu und durch, dann halt noch ein paar Stunden dranhängen und täglich 14 Stunden arbeiten, privat muss man ja auch noch Miete zahlen. Und Jetzt? Sieht’s so aus:
– der Street-Bereich wurde umgebaut (siehe Fotos), sobald mehr Kohle da ist kann man den noch feiner ausbauen
– die große Line ist fertig (Startturm, große Funbox, Wallride)
– Foampit ist befahrbar
– wir haben eine Vert-Ramp und einen Bowl
– wir haben regelmäßig geöffnet
– wir haben den Übungsleiterschein gemacht und geben regelmäßig Unterricht Skateboarding und BMX
– immer mehr Nachwuchs ist begeistert von dem Projekt und nutzen den Freiraum für die eigenen Entfaltung, lernen aber auch bewusst von uns gegenseitig lernen und GEMEINSAM entwickeln, verbessern und die Szene stärken

FAZIT:

– Razed e. V. ist ein starker Verein, der jetzt genau 2 Jahre besteht
– die BlueBox ist neben Events unser größtes D.I.Y.-Projekt das jetzt langsam stabil läuft
– wir haben neben vielen Supporten 2 Partner – Titus Augsburg, CountryBikes München (natürlich brauchen wir noch mehr)
– BMXer & Skateboarder arbeiten zusammen
– Bernd erfüllt sich seinen Traum und eröffnet nebenan „Bernd’s Bikeshop“
– Ehrlich gesagt sind wir selber fast daran kaputt gegangen, aber wir sind so aufgewachsen – man kann alles schaffen, auch wenn’s mal weh tut

Verbrauch von:

Material:
– 5 Kubik Balken
– 300 qm Belag
– 15.000 schrauben
– 200 Flexscheiben
– 4 Gasflaschen für Schweissgerät
– 2 Rollen Schweissdraht
– 50 Paar Handschuhe
– 5 Schutzbrillen
– hunderte von Stiften, Meterstäben usw.
– Gefühlte 1000 Bits
– 100 Liter Farbe
– Bauwagen (Umbau auf Toilettenwagen)
– Demontage von 50 Tonnen Altmetall
Sonstiges:
– Verteilt mehr als 100 helfende Hände und Gehirne (was davon übrig geblieben ist 🙂
– 1 x gebrochene Hand
– 1 Liter Blut
– Mehrere Kübel Schweiß und Tränen
– 1 Metallsplitter in Bernds Auge, Folge: Infektion, übergesprungen auf das andere Auge!
– 200 Kisten isotonische Getränke (Bier 😉
– Gute Laune, Freizeit und Nerven: fast aufgebraucht
– Freie Tage von Ben und Bernd in den letzten zwei Jahren: 10, davon 5 Sonntage
– Alpträume 1-2 mal (das 4.000,- €-Monster für Miete und Nebenkosten im Monat)
Werkzeug:
– 2 Bohrmaschinen
– 2 Akkuschrauber
– 1 Stichsäge
– 1 Handkreissäge
– 1 Winkelschleifer klein, 1 Winkelschleifer groß
Fahrzeuge:
– Allgemein: 7,5 t, 3,5 t, Schwerlasttransporter, Bus, PKW + Anhänger und natürlich: Fahrradanhänger für unseren allerersten mobilen Kicker 🙂
– Für Bowl-Transport (aus Emmering) only > 3 Schwerlasttransporter, 1 LKW 7,5 t
Zeit:
– In den zwei Jahren insgesamt 8.000 Stunden, davon:
– 2000 Stunden für Behördengänge, Genehmigungen
– 300 Stunden Übungsleiterschein, Ersthelferschein
– 1000 Stunden Shows, Events, Workshops
– Für Rampen- u. Materialtransport Halle Fahrzeuge in Zeit:
– 100 Std. 3,5 t LKW
– 100 Std. Hänger und Pkw
– 300 Std.Pkw (Opel ZAFIRA R.I.P. – wurde hart gefickt durch hammerharte Überladung)
– 100 Std. Stapler
– der Rest: Aus-, Um- und Aufbau in der Halle, Rampenbau für die Halle und Events