Mit Karacho den Berg hinunter

Sport Mit dem Longboard kann man mehr anstellen als nur entspannt cruisen

*Von Sabine Zink*

Martin steht auf einer Anhöhe neben dem Rosenaustadion und zurrt sich seinen Helm fest. Dann geht es los: Er stößt sich an, geht gleich in die Knie und schwingt sich gekonnt die Abfahrt herunter. Seit drei Jahren fährt der 17-jährige Martin Brell auf dem Longboard das sich durch breite Achsen und hohe Fahrstabilität auszeichnet. Dabei hat er zunächst viel experimentiert.
„Ich hab mir am Anfang ein Longboard genommen, mir dem man alles einmal ausprobieren kann und bin dann viel gecruist, also einfach durch die Gegend gefahren“, erzählt er. Nach einem Jahr stieg er dann auf das Frederiken um.

Ohne Schutzkleidung geht Martin nicht auf die Straße

Die Freeridetechnik hat für ihn den größten Reiz und zielt vor allem auf Schnelligkeit ab, es kommt schon mal vor, dass Martin mit bis zu 60 Stundenkilometern die Abfahrt hinunterfährt. Obwohl die Verletzungsgefahr dadurch steigt, ist ihm bis auf kleine Blessuren nichts passiert. Schürfwunden holt man sich aber immer“, sagt er lachend und betont, wie wichtig die richtige Ausrüstung ist. Ein Helm, Knie- und Ellbogenschoner sowie Slidehandschuhe, die für das Abstützen in Kurven auf dem Asphalt gut gepolstert und beschichtet sich, gehören für den begeisterten Sportler auf jeden Fall dazu. Sollte es dann schneller werden, trägt er dann auch noch einen Rückenschoner. Mit seinen Freunden und Gleichgesinnte, die er über Facebook-Gruppen und Foren im Internet findet, trifft er sich bis zu vier Mal die Woche, um gemeinsam zu fahren.
In Augsburg eignen sich für das Frederiken vor allem die Abfahrten um das Rosenaustadion, die SGL-Arena oder der Alte Sandberg bei Steppach. „Für das Freieren ist es schwer, Leute zu finden. In Augsburg sind es wenige, die dabei bleiben oder mehr machen als Cruisen. Dabei gibt Longboarden viel mehr her“, sagt Martin. Laut ihm gibt es große Unterschiede zum Skateboardfahren. „Beim Skaten geht es eher um Tricks, da stört es auch nicht so, wenn man alleine fährt. Außerdem braucht man eine andere Strecke oder sogar einen Skatepark. Longboarden macht dabei vor allem in der Gruppe Spaß“, erläutert er.
Jugendlichen, die nun mit dem Boarden beginnen wollen, rät er, für ein gutes Board zwischen 250 und 300 Euro auszugeben und sich ausführlich im Fachhandel beraten zu lassen oder alternativ ein gebrauchtes Board zu erstehen. Billige Boards halten dagegen nicht so lange und so manche Billigmarke versucht, auf den Trend des Longboardens aufzuspringen. „Longboarden ist aber kein Trend, sondern ein Lebensgefühl für mich, doch jetzt muss ich los, meine Freunde warten schon“, ergänzt Martin, kurz bevor ihn seine Freunde von Razed, dem Augsburger Skate- und BMX-Verein rufen, um nacheinander erneut die Anhöhe hinabzurollen.

Ein Surfbrett für die Straße

Das ist aber ein großes Skateboard, fast so groß wie du? – wenn ich jedes Mal ein paar Euro dafür bekommen würde, mir diesen Satz anhören zu müssen, wenn ich mit meinem Longboard herumlaufe, könnte ich mich mit dem Geld so langsam aber sicher auf die Bahamas absetzen. „Aber nein, das ist ein Longboard, eben weil es so lang ist, und ich cruise damit einfach nur so durch die Stadt“, entgegne ich. Genaue Beobachter haben es vielleicht schon erkannt: Ob eckig oder eher oval, wie ein Surfbrett für die Straße sieht es aus. Für jeden Charakter wird heutzutage das passende Brett auf vier Räder geschraubt. Junge Asphaltrebellen erobern die Parkplätze, Stufen und Treppengeländer mit ihren Skateboards, gelassene, entspannte Fahrer schalten dagegen lieber beim Cruisen und Carven ohne Eile oder Hektik ab und greifen zum Longboard. Jene, die ihren Adrenalinspiegel explodieren lassen wollen und auf Nervenkitzel stehen, entscheiden sich für die Stile „Freeride“ oder „Downhill“. Bei diesen zwei Arten geht es vor allem um Geschwindigkeit. Und mit verschiedenen Achsen und Rollen, die man nach Belieben an das Holz montieren kann, ist der grenzenlosen Bastelfreude für kreative Sportler keine Grenze gesetzt. Rollbrett ist eben nicht gleich Rollbrett!